Wie wird eine Pipeline verlegt
Phase Bau
Wie läuft der Bau einer Pipeline ab? Welche Schritte müssen im Einzelnen erfolgen, bis Gas dorthin fließen kann, wo es für die Versorgung benötigt wird? Hier zeigen wir ihnen Schritt für Schritt, wie wir vorgehen, wenn wir unsere Infrastruktur errichten.
Lagerplätze für Rohre anlegen
Ein wichtiger Punkt nach Genehmigung des Projektes ist die Beschaffung des benötigten Materials. Gaspipelines sind kein Produkt "von der Stange". Auf Basis der Anforderungen von Gasunie, die teilweise über den strengen gesetzlichen Normen in Deutschland liegen, wird das entsprechende Material beschafft. Dabei werden in einem ersten Schritt die 'Long Lead'-Teile, Material mit langer Lieferzeit, bestellt. Gerade bei Pipelinerohren aus Spezialstahl und großen Absperrventilen kann es schon einmal gut ein Jahr dauern, bis das Material ausgeliefert werden kann.
Der Rohrtransport ist logistisch aufwendig und setzt eine gründliche Planung voraus. Je nach Pipelinedurchmesser und Länge der Leitung kann eine erhebliche Anzahl an LKW-Fahrten zusammenkommen - für den Bau der rund 60 Kilometer langen Leitung von Fockbek nach Ellund waren es über 1.100 Transporte. Dass diese mit möglichst geringer Beeinträchtigung des Umfelds durchgeführt werden können, ist Inhalt des Wegenutzungskonzepts.
An verkehrstechnisch gut erreichbaren Stellen wird der Rohrlagerplatz eingerichtet. Dabei versucht man, alle Alternativen zu der Belieferung über die Straße zu nutzen. Wenn möglich, können die Rohre auch per Schiff oder aber Bahn transportiert werden. Vom Lagerplatz aus werden die Rohre dann für die Verlegung auf die Baustelle ausgefahren.
Baubüros einrichten
Teamwork steht im Mittelpunkt. Viele Mitarbeitende aus den Bereichen Netz- und Trassenplanung, Genehmigung, Wegerecht, Kommunikation und Projektsteuerung arbeiten eng zusammen. Während in den ersten Jahren der Schwerpunkt der Aktivitäten sich überwiegend auf die Standorte von Gasunie und ihren Dienstleistern konzentriert, verlagert sich mit Projektfortschritt ein großer Teil der Arbeit in die Fläche - und zwar nicht nur bei den Bauarbeiten. Das in der Regel in Trassennähe eingerichtete Baubüro bietet ausreichend Platz für die Arbeitsplätze vom Oberbauleiter und seinem Team sowie für Besprechungsräume. Schnell entwickelt es sich so zu einer wichtigen Kommunikationszentrale, in der alle Fäden zusammenlaufen. Das Baubüro kann in Baucontainern, aber auch in bestehenden Gebäuden, die aufgrund ihrer Lage und Verfügbarkeit geeignet sind, untergebracht werden.
Mutterboden abziehen
Bevor der Startschuss für Verlegearbeiten fällt, wird zunächst einmal die Trasse geräumt. Das bedeutet, Bäume und Sträucher müssen entfernt werden, um so einen möglichst reibungslosen Bauablauf und den ungehinderten Zugang zur Trasse zu gewährleisten. Danach erfolgt das Abziehen des Mutterbodens, der getrennt nach Bodenhorizonten seitlich in Mieten gelagert und mit speziellen Saatmischungen begrünt wird. Das verhindert Erosion sowie Verunkrautung.
Befindet sich die Trasse für die neue Leitung im Schutzstreifen einer bestehenden Leitung, dann wird die Lage der vorhandenen Infrastruktur durch Warnschilder ausgepflockt.
Vor und nach dem Aushub des Mutterbodens werden in naturschutzrechtlich sensiblen Bereichen der Trasse Stäbe mit Flatterbändern aufgestellt, um durch visuelle Störung zu verhindern, dass Vögel an oder auf der Trasse brüten. Der Fachmann spricht hierbei von Vergrämungsmaßnahmen.
Wasserhaltung installieren
Ein besonderes Augenmerk richten wir auf die Grundwasserverhältnisse vor Ort. Denn das im Boden befindliche Wasser stellt beim Leitungsbau ein Problem dar. Der Rohrgraben, in dem die Gasleitung verlegt werden soll, muss aus statischen Gründen trocken sein. Um das zu erreichen, installieren wir Drainagen und Grundwasserabsenkungen. Das in der Trasse gehobene Grundwasser wird über Ableitungen zur vorgesehenen Einleitstelle transportiert, bei Bedarf wird es über Enteisenungsanlagen in die Vorflut abgeleitet.
Hierfür entwickeln wir ein Entwässerungskonzept, das wir mit der Genehmigungsbehörde abstimmen. Dann werden die Drainagen eingefräst und die Brunnen installiert. Anschließend werden die Drainagepumpen eingerichtet und die Ableitungen verlegt. Damit an den Gräben keine Schäden entstehen, werden Einleitungsstellen genau an den im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Stellen eingerichtet und die Einleitstellen gesichert.
Um in jedem Fall sicherzustellen, dass die Qualität des abzuführenden Wassers nicht schlechter ist als das in den Gräben, in die es eingeleitet werden soll, entnehmen wir vor Beginn der Einleitung Proben. Auch das abzuführende Wasser wird auf seine Qualität hin untersucht. Wenn die Proben ergeben, dass die Qualität schlechter ist als der Eisengehalt des Wassers im Graben, wird eine Enteisenungsanlage angeschlossen. Diese sorgt für eine Verbesserung der Wasserqualität. Gasunie entwickelt hierzu nach Bedarf Konzepte in engem Austausch mit den zuständigen Behörden.
Rohre auf der Trasse ausbringen
Für die Anlieferung der Rohre zu den Rohrlagerplätzen wird ein umfassendes Logistikkonzept erstellt, in das alle zur Verfügung stehenden Verkehrswege (Wasserstraßen, Bahn, Straße) einbezogen werden. Das Konzept ist Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses. Grundsätzlich ist es das Ziel, die Rohre von den Lagerplätzen so an die Baustelle zu liefern, dass der normale Straßenverkehr so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Bei der Erstellung des Wegenutzungskonzeptes werden Auflagen wie zulässige Maximallasten bei Brücken oder beschränkte Durchfahrtshöhen berücksichtigt. Die zulässigen Zufahrtswege werden den Fuhrunternehmen verbindlich mitgeteilt, diese müssen sie nutzen. Die Bauleitung kontrolliert die Einhaltung der Zufahrtswege.
Generell handelt es sich bei der Verlegung von Erdgastransportleitungen um Wanderbaustellen, bei der die Baufahrzeuge im Idealfall am Startpunkt auf die Trasse gesetzt werden und dann im Arbeitsstreifen mit der Trasse weiter voranschreiten. Allerdings müssen auch angrenzende Straßen genutzt werden, wenn es um den Antransport von Rohren, Baumaschinen oder anderem Material geht. Die Rohre werden dazu auf extra angelegten Baustraßen mit Spezial-LKW mit Niederdruck-Bereifung ausgeliefert.
Rohrstücke kalt biegen
Bei der Verlegung der Pipeline werden Rohrstücke, die aufgrund des Trassenverlaufs eine Krümmung aufweisen, in der Regel kalt gebogen. Dies hat wirtschaftliche und fertigungstechnische Vorteile - so lassen sich die als Fittings bezeichneten Verbindungen zwischen geraden und gebogenen Rohrstücken einsparen. Das reduziert Kosten für Material, Beschaffung und Lagerhaltung. Außerdem ist der Aufwand beim Biegen gegenüber der Herstellung von Schweißverbindungen sowohl zeitlich als auch kostenmäßig deutlich geringer. Das Vermeiden von Schweißstellen führt letztlich zu einer verlängerten Lebensdauer des Rohrleitungssystems.
Rohrstrang schweißen
Nachdem die Rohre vom Rohrlager aus auf die Trasse verbracht worden sind, werden sie dort aneinandergereiht abgelegt. Dann nimmt der Vorbau-Trupp seine Arbeit auf und beginnt mit dem Verschweißen der Rohrstücke. Welche Schweißverfahren angewendet werden, erfolgt in Abspache mit dem Sachverständigen der zugelassenen Überwachungsstellen. In Frage kommen Lichtbogenschweißen per Hand oder automatisierte Schweißverfahren. Es muss sichergestellt werden, dass alle Schweißer, aber auch die Schweißautomatentechnik entsprechend den Gasunie-Anforderungen qualifiziert sind. Mehrere Vorbautrupps arbeiten parallel an verschiedenen Stellen. Die Ausführung der Schweißnähte wird vom Aufsichtspersonal überwacht und täglich dokumentiert.
Überprüfen und Umhüllen der Schweißnähte
Im nächsten Schritt werden die Schweißnähte gemäß dem technischen Regelwerk des DVGW und bestehender DIN-Normen überprüft. Als zerstörungsfreie Prüfverfahren kommen die automatisierte oder manuelle Ultraschall-Prüfung sowie Durchstrahlungs-Prüfungen oder Farbeindringprüfung zum Einsatz. Dies geschieht in Abstimmung mit dem Sachverständigen. Um die Schweißnähte zu schützen, werden sie sandgestrahlt und dann mit einer PE-Umhüllung versehen. Im Fall von geschlossenen Querungen, beispielsweise bei einer HDD-Bohrung, wird der Rohrstrang durch eine glasfaserverstärkte Umhüllung zusätzlich geschützt, um damit mechanische Beschädigungen beim Einzug zu verhindern.
Rohrgraben öffnen
Wenn durch die Drainage der Grundwasserspiegel ausreichend abgesenkt ist, kann der Rohrgraben geöffnet werden, in dem die Leitung anschließend verlegt wird. Der Graben wird dabei mit einem sogenannten Böschungskübel ausgehoben, der aus Standsicherheitsgründen speziell für die örtlichen Bodenverhältnisse mit einem Böschungswinkel von 60 Grad angelegt wird. Erst wenn die Sohle des Rohrgrabens steinfrei ist, wird der Graben für das Ablegen der vorgebauten Rohrstränge freigegeben. Der Bodenaushub wird nach Horizonten getrennt gelagert und in umgekehrter Reihenfolge wieder eingebaut.
Rohrstrang absenken
Wenn der Rohrgraben für das Ablegen der vorgebauten Pipeline-Stränge freigegeben ist, erfolgt das eigentliche Absenken - entweder als Rohrstrang oder als Einzelrohr. Dabei können Rohrstränge bis zu 80 Meter lang sein. Für das Absenken stehen mehrere Seitenbaum-Kräne und Hydraulik-Seilbagger in Reih und Glied an der Grabenkante. Es ist immer wieder ein eindrucksvolles Bild, wenn die zusammengeschweißten Rohre in einem flexiblen Bogen abgelegt werden. Liegen die einzelnen Stränge auf dem Boden des Rohrgrabens, werden die Verbindungsschweißnähte zwischen den Strängen hergestellt, kontrolliert und zum Schutz vor Korrosion mit einer Umhüllung versehen. Erst wenn diese durch Gasunie überprüft und abgenommen wurde, wird der Rohrgraben wieder verfüllt.
Rohrgraben verfüllen
Nach Absenken und Verschweißen des Rohrstranges steht die Verfüllung des Rohrgrabens an. Vorher wird die Erde mit einer speziellen Siebanlage von Steinen gereinigt. Diese Maßnahme verhindert, dass Steine gegen die Beschichtung der Leitung prallen und diese möglicherweise beschädigen. Beim Verfüllen achten wir sorgfältig darauf, dass die beim Anlegen des Rohrgrabens horizontweise nach den natürlichen Bodenschichten zwischengelagerten Böden in der richtigen Reihenfolge wieder eingebracht werden. Dazu steht uns das Team von der bodenkundlichen Baubegleitung zur Seite. Es wird insbesondere darauf geachtet, dass der Boden kontrolliert verdichtet eingebaut wird, so dass spätere Setzungen vermindert werden können.
Stresstest für die Leitung
Vor der Inbetriebnahme der Leitung stehen umfangreiche Tests an. Dazu gehört die Wasserdruckprobe, ein echter Stresstest für die neue Infrastruktur. So werden alle Stationen und Leitungsteile mit einem Wasserdruck von 129 bar, das ist rund das Anderthalbfache des maximalen Betriebsdrucks für den Gastransport, auf Dichtheit geprüft. Dieser Test findet in zwei Abschnitten statt. Der erste Abschnitt ist der Festigkeitstest unter hohem Druck. Danach findet noch ein Dauerversuch statt. Der Sachverständige, der auch die Qualität der Schweißnähte geprüft hat, nimmt ebenfalls die Druckprobe ab. Anschließend wird die Leitung wieder entleert und getrocknet.
Danach wird die Pipeline mit Gas befüllt. Dieser Vorgang erfolgt mithilfe von zwei Molchen mit dazwischen angeordnetem Stickstoffpuffer. Bei Molchen handelt es sich um ein Reinigungs- oder Inspektionsgerät speziell für Rohrleitungen. Diese entfernen restliche Feuchtigkeit und Verunreinigungen aus der Leitung. Sie sind mit einem Sender ausgerüstet, um so feststellen zu können, an welcher Stelle sie sich genau befinden. Nach dem zweiten Molch wird die Leitung mit Gas befüllt, schrittweise erhöht sich dabei der Druck. Das Befüllen der Leitung und der Aufbau des Betriebsdrucks auf etwa 60 bar kann je nach Durchmesser und Länge des Leitungssystems mehrere Tage in Anspruch nehmen.
Rückbau des Arbeitsstreifens
Nachdem die Drainagesysteme, die durch die Leitungstrasse gekreuzt werden, getrennt und neu angebunden sowie auf ihre Funktionsfähigkeit untersucht worden sind, stehen die umfassenden Rekultievierungsarbeiten an. In einem ersten Schritt werden dafür Baustraßen sowie der Arbeitsstreifen zurückgebaut. Hierzu erfolgt die Ausbringung des Oberbodens und der Deckschicht. Diese wurden separat gelagert, um Vermischungen zu verhindern. Falls dies der Eigentümer wünscht, wird bei landwirtschaftlichen Flächen der Boden in der Tiefe gelockert. So lässt sich auch der Arbeitsstreifen problemlos wieder in die landwirtschaftliche Nutzung überführen. Wirtschaftliche Einbußen durch Ernteausfälle in der Bauzeit werden entschädigt.
Natürliches Umfeld wiederherstellen
Die Arbeiten zur Wiederherstellung des natürlichen Umfelds finden in der Regel noch in den Monaten nach Abzug der Pipeline-Verlegetrupps statt. Ebenso werden nicht vermeidbare Eingriffe in Natur und Landschaft durch umfangreiche, mit den Behörden abgestimmte Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert.
Das Bundesnaturschutzgesetz sieht vor, dass der Verursacher von Eingriffen in Natur und Landschaft unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ausgleichen oder kompensieren muss. Überall dort, wo wir Natur und Landschaftsbild durch unseren Eingriff beeinträchtigt haben, sind wir verpflichtet, alles wieder herzustellen. Das Gesetz sieht vor, dass der Ausgleich nicht am Ort des Eingriffs selbst erfolgen, sich jedoch auch dort auswirken muss.
Bei der Kompensation geht es im Wesentlichen darum, die beeinträchtigten Funktionen in gleichwertiger Weise zu ersetzen.